Wasserkraftwerk im Natura-2000-Gebiet verstößt gegen mehrere Schutzbestimmungen: WWF, ÖKOBÜRO und ARBEITSKREIS zum Schutz der Koralpe und des weststeirischen Hügellandes reichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein – Aufhebung der Bewilligung des Kraftwerks und umfassender Schutz des Naturjuwels gefordert
Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich, das ÖKOBÜRO und der ARBEITSKREIS bringen am Freitag eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof in Wien gegen die wasserrechtliche Bewilligung des Kraftwerks Schwarze Sulm ein. Das Kraftwerksprojekt im Natura-2000-Gebiet verstößt aus Sicht der Umweltverbände gegen mehrere Umweltschutz-Bestimmungen und wurde bisher nur mithilfe umstrittener Ausnahmen bewilligt, die gerade bei einem bisher unverbauten Fluss völlig verfehlt sind. „Die Schwarze Sulm gehört zu den ökologisch wertvollsten Flüssen Österreichs und ist daher auch als Natura-2000-Gebiet geschützt. Wer solche Naturschätze aus Profitgründen verbaut, handelt kurzsichtig und verantwortungslos“, sagt WWF-Gewässerexpertin Bettina Urbanek. „Gerade in Zeiten des Klimawandels brauchen wir intakte Flüsse wie die Schwarze Sulm als Wasserreserven und Klimaregulatoren.“
Im Verfahren wurde sowohl der Bevölkerung vor Ort als auch den Umweltverbänden eine echte Einbindung in das Verfahren verwehrt – zum Beispiel waren wesentliche Unterlagen wie Gutachten und Planunterlagen nicht zugänglich und die Parteistellung war eingeschränkt. Zu den inhaltlichen Hauptkritikpunkten zählt, dass das Kraftwerk den Gewässerzustand erheblich verschlechtern würde und die Beurteilungsgrundlagen veraltet sind. „Die Verschlechterung des Gewässerzustandes der Schwarzen Sulm wurde aus unserer Sicht nicht ausreichend geprüft. Da uns die Mitwirkung am Verfahren weiterhin nicht in dem Ausmaß gewährt wurde, wie es rechtlich vorgesehen ist, bleibt keine Alternative als der Gang zum Höchstgericht“, sagt Thomas Alge, Geschäftsführer und Umweltjurist vom ÖKOBÜRO.
„Schwarze Sulm zeigt dunkle Seite der Wasserkraft“
Die betroffene Gemeinde Schwanberg hat bereits beschlossen, die für den Bau benötigten Grundstücke nicht zur Verfügung zu stellen. „Die Schwarze Sulm zeigt wie kein anderes die dunkle Seite der Wasserkraft auf. Es fehlt an Respekt vor berechtigten regionalen Anliegen und Verhältnismäßigkeit. Für ein energiewirtschaftlich nahezu bedeutungsloses Kraftwerk wollen zwei Privatpersonen gegen den Widerstand der Gemeinden und vieler Anrainer die Lebensader der Region verbauen“, erklärt Andreas Mathauer vom Arbeitskreis zum Schutz der Koralpe. Da auch die beiden bestehenden Naturdenkmäler innerhalb dieses Bereiches aufgehoben werden sollen, haben die Gemeinden Bad Schwanberg, Deutschlandsberg und St. Martin im Sulmtal Petitionen an den Steiermärkischen Landtag gerichtet.
WWF fordert Ökostrom-Reform: Keine Subventionen für Kraftwerke in Naturschutzgebieten
Aufgrund der akut drohenden Verbauung der Schwarzen Sulm fordert der WWF Österreich eine grundlegende Reform der Ökostromförderung, damit ähnlich fatale Projekte in Zukunft keine millionenschweren Subventionen mehr erhalten. „Die Wasserkraft ist bereits extrem ausgebaut. Daher muss die Bundesregierung neue Standorte in Schutzgebieten und in den letzten ökologisch intakten Strecken wirksam unterbinden“, sagt Urbanek mit Verweis auf das von der Umweltministerin geplante Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. „Gerade die Förderung von Kleinwasserkraftwerken muss an Umwelt- und Effizienz-Kriterien gebunden werden anstatt sie nur per Gießkanne zu vergeben“, fordert Urbanek. Zudem müsse generell das Prinzip „Modernisierung vor Neubau“ gelten.
Die Schwarze Sulm zählt zu den letzten 15 Prozent der heimischen Flüsse, die zumindest abschnittsweise noch einen sehr guten Zustand aufweisen. Die geplante Entnahme von bis zu 65 Prozent des Wassers auf zwölf Kilometer Länge hätte fatale Folgen für die betroffenen Ökosysteme In direkter Nähe liegen zudem drei Schutzgebiete mit 49 gefährdeten Biotoptypen und mehreren seltenen und gefährdeter Arten wie zum Beispiel Steinkrebs, Schwarzer Riesenweberknecht oder Sturzbach-Gänswurz. Erst vor kurzem hat eine aktuelle BOKU-Studie ergeben, dass bereits 60 Prozent der heimischen Fischarten in Flüssen als gefährdet gelten.